Saturday, April 22, 2006









Reich Gottes

Für eine Stunde
Wirklichkeit

Irdisch
die wir Kinder
dieser Erde sind

Sinnlich,
da unsere Sinne
Werkzeug Gottes sind.

Du -
Ebenbild

Eins
unter den vielen
Unerkannten.

(c) Charlotte de Laere
aus: Autoren stellen sich vor, Editon L

Monday, April 17, 2006




Florenz

Zypressen ringsum
umfrieden den Park
Stille, Licht -
und Schatten.
Schauen, Sein -
Bei - sich - Sein.
Hiersein und
Hierbleibenwollen.

Leben.
Diese unwägbare
Mischung von
Ewigem und
Vergänglichem -

(c) Charlotte De Laere
aus dem Buch: Maskenball Gottes, Goki-Verlag
und der CD: Kavatinen (Gedichte gesprochen von der Autorin, Musik: Andreas Koch (www.andreas-koch-gitarre.de ), Goki-Verlag




Das Panettone-Fest

Eigentlich - war sie ja ganz schön mutig, fand Balbina. Seit gestern waren ihre Eltern fort, in Italien, die Großmutter hatte Geburtstag. Und Balbina - wegen der Schule konnte sie ja nicht mitfahren - war drei Tage allein zuhause. An sich kein Problem. Die Eltern waren öfter in der Heimat und ließen sie schon mal ein paar Tage alleine.

Aber heute nachmittag hatte Baldbina alle aus ihrer Clique eingeladen: Klaus, Heike, Julia, Ali und Jonas. Und sie hatte keine Ahnung, was sie zu essen machen sollte - und kein Geld im Haus. Zwanzig Euro für Notfälle zwar, doch die durfte sie nicht anbrechen. Aber ein paar Vorräte mußten doch da sein? Mamma hate normalerweise immer vorgekocht, wenn sie Balbina allein ließ. Aber Kuchen? Kuchen war bestimmt nicht im Haus. Und Minestrone zum Nachmttagskakao? - Unmöglich!

Ach, Erdbeertorte hatte es bei Heikes Geburtstag gegeben, Mohrenköpfe gabn es immer bei Michaels Eltern. Was sollte sie bloß machen? Die Freunde würden Hunger haben, das ist klar -

Da fiel ihr der Panettone von Großmutter ein. Jedes Jahr zur Adventszeit schickte die Oma einen Panettone aus Italien, einen riesigen Kuchen in Form eines Häuschens. Die Eltern mochten Panettone schon gar nicht mehr so gerne, sie hatten ihn ja von Kindheit an jedes Jahr bekommen. Aber die deutschen Freunde? Ihnen würde der Panettone schmecken, davon war Balbina überzeugt.

Sie ging in die Küche und zauberte aus dem Vorratsschrank den Kuchen hervor. Er war schon angeschnitten, und - naja - eigentlich war nicht mehr so viel davon übrig. Erstmal schnitt sich Balbina einen kleinen Riegel ab zum probieren. Ja, der Panettone war noch frisch. Dann nahm sie ein Brett und schnitt dicke Riegel Kuchen herunter. Genau acht Stücke wurden es.

Acht? - Das ist schlecht. Es müßten doch für jeden mindestens zwei Stücke sein. Also halbieren, das werden dann sechzehn Stückchen. Das größte Stück nochmal geteilt. Doch, das müßte hinkommen.

Dann nahm sie die große Kuchenplatte aus Murano und schichtete alle Stücke sorgsam übereinander auf. Hoffentlich waren es nicht doch zuwenig? Ach, ganz einfach: Butter und Marmelade dazu, das stillt dann gleich besser den Hunger! Feigenmarmelade, die hatte Oma selbst gemacht.

Jetzt noch schnell den Kakao kochen und den Tisch decken. Sie brachte die riesige Kuchenplatte, Teller, Tassen und die Kanne mit dem Kakao ins Wohnzimmer. Butter, Marmelade, Löffelchen... - Ach, Kerzen wären schön. Aber das hatte Mamma verboten. - Nun gut, sie hatte ja auch nicht Geburtstag!

Balbina schaute auf die Uhr. Noch fünf Minuten, dann müßten sie kommen. Rasch verschwand sie im Bad. Mammas Lippenstift, Mammas große goldene Ohrringe. Die standen ihr gut. Richtig erwachsen sah sie nun aus.

Da schellte es. Draußen standen Klaus, Heike, Jonas, Ali und Julia. Klaus hielt ein riesiges Häuschen in der Hand und strahlte: "Ja, Balbina", sagte er, leicht verlegen grinsend, " wir haben uns eine Überraschung ausgedacht. Als Dank für Deine Einladung heute... einen echt italienischen Panettone." "Von uns allen, für Balbina", setzte Heike hinzu.
"Na, das ist echt eine Überraschung", Balbina lachte, "dann kommt mal herein!".

(c) Charlotte de Laere
aus dem Buch: Charlotte Urland (jetzt de Laere) Geschichten, die um Herbsthaus wehen, Goki-Verlag

Wednesday, April 12, 2006

Leiser Ruf

Leiser Ruf
Liebe -

Licht
in einem dunklen Haus

Wegweiser
immerschon

Zuflucht
Herberge
Heimat

Vorausgeschicktes
Menschheitsfest

(c) Charlotte De Laere
aus: Leiser Ruf, Goki-Verlag
Wortlos

Küsse -
denkst Du
und schweigst,
läßt den Blick
von meinem Mund
nun in meinen Augen ruhen -
und ich kämpfe
mit meiner Sehnsucht:
Dir
nicht alles
wortlos
preiszugeben

(c) Charlotte De Laere
Mein Fischer

(nach einem Bild von Gdanitz,
holländischer Barockmeister)

In dieser Stunde
zwischen Tagwerk und Schlaf
hält die Zeit
den Atem an.

Eine Handbreit Licht.

Aus dem Dunkel des Korbes
quellen Netze hervor.

Darüber Dein Gesicht:
Stille,
Geduld.

Wer hätte
aus fünf Fischen
fünftausend machen können
ohne Deine
unermüdliche Arbeit im Kleinen -

(c) Charlotte De Laere

Sunday, April 09, 2006




Zartheit

für Karin

Manchmal ist
Zartheit
Stärke.

Denn
das Zarte
ist leise.

Und das Leise
braucht Nähe.

Und Nähe
ist Wärme
und Schutz.

Mich verletzbar zeigen
ist der Anfang
von Zärtlichkeit.

Mich verletzbar zeigen
heißt auch:
Ich vertraue Dir.

© Charlotte De Laere
aus: Maskenball Gottes, Goki-Verlag
Flugkraft Hoffnung

Im Gefieder der Angst
die Flugkraft
Hoffnung -
Weit eilt ihr Flügel
über das Scheitern hinaus.
Federleicht
enthebt sie sich
der Schwerkraft
menschlicher Sorge.
Selig manchmal:
Allein im Gleitflug
mit neuem Lied.


© Charlotte De Laere
aus: Autoren stellen sich vor, Lyrik 2005, Edition L



Ins Dunkel

So zärtlich
nähert sich
die Dämmerung -
tröstet den Tag,
ist ihm Gefährtin
und trägt ihn
auf sanften Armen
ins Dunkel hinaus -

(c) Charlotte De Laere
aus: Leiser Ruf, Goki-Verlag

Monday, March 06, 2006

Vielleicht wie ein Lied


Etwas finden,
das nicht zu Staub
und wieder zu
Erde wird -

Vielleicht wie ein Vogelflug,
leicht und klar und schwerelos -

Vielleicht wie ein Lied,
das aus weißen Träumen aufsteigt -

(c) Charlotte De Laere